Theater am Tisch – Alexander Netschajew erzählt und spricht
Erster Abend »Das also war des Pudels Kern!« Die Gelehrtentragödie
Zweiter Abend »Heinrich! Mir graut's vor dir.« Die Gretchentragödie
Keine Inszenierung ist so gut wie das Original. Befreit von aller Interpretationswut stellt Alexander Netschajew (Schauspieler, Regisseur und Intendant a.D.) das wohl berühmteste deutsche Drama vor. Erläuternd, erzählend und vor allem als lebendiges Hörspiel mit vielen Szenen und Monologen führt er durch Goethes Dichtung, welches der Klassiker im Sturm und Drang bereits mit Anfang zwanzig begonnen hatte. Lassen Sie die Geschichte des Grüblers und mit dem Teufel paktierenden Gelehrten Dr. Heinrich Faust auf sich wirken, wie sie im Buche steht und aus dem Goethe selbst zu Lebzeiten immer wieder gerne vorlas, um die Wirkung seiner Verse auszutesten.
Alexander Netschajew erzählt und liest aus Goethes Drama. Die Entstehung, drei Prologe, bekannte Szenen und Monologe, ein Pudel und der Pakt mit dem Teufel.
Als Student begann Goethe mit der Arbeit an seinem Opus magnum, als reifer Mann mit 59 Jahren veröffentlichte er »Faust. Der Tragödie erster Teil«. (Und die Kenner wissen: Ein zweiter Teil sollte noch folgen …) Die Phasen und Schaffensperioden des Autors beschreibt Alexander Netschajew genauso unterhaltsam und packend, wie das eigentliche Drama um den sagenumwobenen Grübler. Doch bevor dieser in Erscheinung tritt, muss der Hörer erst durch die »drei Pforten« des Dichters schreiten: Zueignung, Vorspiel auf dem Theater, Prolog im Himmel. Dann endlich heißt es – Vorhang auf und: »Habe nun, ach …«
Wie jener Dr. Heinrich Faust brütet, forscht, verzweifelt – daran lässt die sprachlich genaue Interpretation Netschajews teilhaben. Und auch der Antipode Mephistopheles entwickelt seinen Charme und seine Abgründigkeit allein durch die Rezitation, die der Stendaler Ex-Intendant mit Eindringlichkeit und Humor fulminant zelebriert. Die gewählte Form des »Theaters am Tisch« zeigt, dass es nicht viel braucht, um den Sog der Dichtung zu entfachen.
Alexander Netschajew erzählt und liest aus Goethes Drama und führt uns die berühmten Gestalten vors geistige Auge: Faust, Mephisto, Gretchen, Bruder Valentin sowie Hexen, Geister und Engel
Ein Kriminalfall erhitzt 1772 die Gemüter Frankfurts: Die junge Susanna Margaretha Brandt wird von einem Durchreisenden geschwängert, bringt ihr Kind heimlich auf die Welt und verscharrt es anschließend. Mitten unter den Zuhörern und Juristen der 22jährige Johann Wolfgang Goethe, der offensichtlich regen Anteil an diesem aufwühlenden Prozess nahm. Und vermutlich auch der öffentlichen Hinrichtung beiwohnte. Jedenfalls schrieb er daraufhin eine der spannendsten und traurigsten Liebesgeschichten der Weltliteratur: die Gretchentragödie.
Dr. Heinrich Faust stürzt sich – mithilfe des Teufels verjüngt – in eine Amour fou mit dem jungen Gretchen. Es gelingt ihm, sie zu verführen. Doch verblendet taumelt er an der einzig rettenden Himmelsmacht vorüber, die ihm Margarete hätte bieten können und reißt die junge Frau samt ihrer Familie ins Verderben. Durch sein verantwortungsloses Handeln erkennt Faust schließlich, dass er beides nicht haben kann: den Pakt mit dem Teufel und die Liebe eines reinen Herzens. Im Kerker mit dem verurteilten Gretchen kommt es zum Showdown.
Es liest Alexander Netschajew, musikalisch eingerahmt vom Duo Key For Two mit Spirituals und Christmas-Songs
In der Shortstory des weltberühmten Autors von »Frühstück bei Tiffany« blickt Truman Capote zurück auf seine Kindheit und erinnert sich an liebgewonnene Rituale der Weihnachtszeit. Er erzählt von der aufwändigen, mühevollen Herstellung des traditionellen Früchtekuchens, von der Suche nach dem einzig richtigen Weihnachtsbaum und dem Basteln des alljährlich gleichen Weihnachtsgeschenkes. Truman Capote wirft einen humorvoll-melancholischen Blick auf die kleine Welt seiner Kindheit, die geprägt von Mittellosigkeit, aber umso reicher an Fantasie und Lebensfreude war.
Tabea Mara und Sophie Sperber gestalten als musikalisches Duo »Key For Two« – vierhändig am Klavier und zweistimmig im Gesang – mit Spirituals, Gospels und klassischen amerikanischen Weihnachtsliedern einen stimmungsvollen Rahmen für diese besondere Weihnachtslesung mit Schauspieler, Regisseur und Intendant a.D. Alexander Netschajew, über die die Süddeutsche Zeitung bereits konstatierte: »Es gibt viele Weihnachtserinnerungen, die fröhlich und zugleich ein wenig traurig stimmen. Doch Truman Capotes ›Weihnachtserinnerungen‹ schaffen es wie kaum sonst eine Kurzgeschichte, dass es einem warm wird ums Herz.«
Klavier und Gesang: Key for Two (Tabea Mara & Sophie Sperber)
Rezitation: Alexander Netschajew
Literaturkonzert
Kästners Gedichtzyklus im Dialog mit Improvisationen und Kompositionen von Gert Wilden.
Sprecher: Alexander Netschajew.
»Die hier gesammelten Gedichte schrieb, im Laufe eines Jahres, ein Großstädter für Großstädter.« So beginnt Erich Kästner das Vorwort seiner »13 Monate«, die 1955 als Gedichtband erschienen. Bereits zwei Jahre zuvor hatte er für die Schweizer Illustrierte Zeitung Monat für Monat verfasst, bevor er im Jahr darauf den »13. Monat« erfand und beschloss, diese Gedichte als eigenes Buch mit einem Vorwort zu veröffentlichen. Es sollte sein letzter Gedichtband werden. Und aus heutiger Sicht erscheint Erich Kästner, geboren 1899 in Dresden, politischer Mahner mit spitzer Feder, Kinderbuchautor und Romancier, wie ein ökologischer Prophet der ersten Stunde. Fast 20 Jahre bevor der Club of Rome die Schrift »Grenzen des Wachstums« veröffentlichte, formulierte Kästner die Entfremdung des Menschen von der Natur und von den ihr immanenten Kreisläufen. »Die zweite Austreibung aus dem Paradies hat stattgefunden und Adam und Eva haben es diesmal nicht bemerkt. Sie leben auf der Erde, als lebten sie darunter.«
Natürlich birgt Kästners Lyrik stets eine melancholische Heiterkeit, die auch heute noch frisch und kaum gealtert wirkt. Gibt man sich diesen Versen »am Stück« hin und lässt sich poetisch Monat für Monat durch das Jahr führen, begegnet der Hörer den ewigen Zyklen des Werdens und Vergehens und letztlich auch der eigenen Vergänglichkeit. Gert Wilden begegnet Kästners verschmitzter Weisheit und Modernität auf ganz eigene Weise: Seine dreizehn Kompositionen für Klavier und umfangreiches elektronisches Instrumentarium nehmen zu Kästners Versen eine mitunter durchaus auch unerwartete Haltung ein, ob minimalistisch oder opulent, ob abstrakt oder poetisch, ob in Form von Soundcollagen. Teils stehen Gedichte und Musik als in sich geschlossene Stücke nebeneinander, teils durchdringen und überlagern sie sich gegenseitig.
Klavier, Keyboard, Live Electronics: Gert Wilden
Rezitation: Alexander Netschajew
Die musikalische Vita des in Tutzing und Berlin lebenden Komponisten und Pianisten Gert Wilden ist zweigeteilt: Nach einem Kompositions- und Klavierstudium führte eine fünfzehnjährige Phase als Jazzmusiker zu musikalischen Begegnungen mit wichtigen Musikern der internationalen Jazz- und Rockszene, darunter Billy Cobham, Hermeto Pascoal, Lou Donaldson u.v.a. Gert Wilden war Gründungsmitglied des 3-Pianisten Ensembles f!üge!sch!ag welches vielbeachtete Konzerte im In- und Ausland gab, darunter ein New York Debut in 1998.
In der darauf folgenden Phase als Filmkomponist hat Gert Wilden die Musik für über 200 Filme geschrieben und produziert, darunter für den OSCAR®-prämierten Kurzfilm »Quiero Ser«, für Marc Rothemunds OSCAR®-nominiertes Drama »Sophie Scholl - die letzten Tage« oder für »Taxi Lisboa« von Wolf Gaudlitz. Für die Musik zu dem GOLDEN GLOBE-nominierten Film »The Fencer« des finnischen Regisseurs Klaus Härö sowie zu »Hannas schlafende Hunde« von Andreas Gruber wurde ihm 2016 der BAYERISCHE FILMPREIS für Musik verliehen.
Inzwischen schlägt das Pendel wieder deutlich zurück in Richtung Livemusik. Hier liegen Schwerpunkte auf grooviger »Handmade Music«, aber auch auf der Entwicklung von Improvisationskonzepten an der Schnittstelle zwischen Echtzeitperformance und computergenerierten Ereignissen.
Ein heiteres Programm mit Alexander Netschajew
»Wann ist man ein Mann?« fragte ja schon Herbert Grönemeyer! Alexander Netschajew, Schauspieler, Sprecher und Intendant a.D., lädt zum bunten Abend ein und versucht, mit spitzer Zunge die ein oder andere Antwort auf diese Frage auszuloten. Und Eingeweihte wissen, dass es bei Netschajew »vorwiegend heiter« zugeht, auch wenn er Klassiker wie Goethe, Claudius oder Tschechow präsentiert und diese mit Publikumslieblingen wie Joachim Ringelnatz, Erich Kästner oder Heinz Erhardt ergänzt. Es erwarten Sie Sachen zum Lachen, tierisch Komisches sowie menschlich Tiefgründiges, entweder in lyrischem Gewand oder in Prosa – eingebettet in Netschajews launige Moderationen.
Besonders die Damen im Publikum dürften auf ihre Kosten kommen, wenn Netschajew in verschiedene Männer-Monologe schlüpft und die Untiefen diverser Lebensalter seiner Geschlechtsgenossen genüsslich ausbreitet. Damit die Ehemänner unter den Zuhörern nicht zu kurz kommen, driftet der Schauspieler und Regisseur dann und wann in die geschlechterkampffreie Beschreibung der Tierwelt ab, um schließlich im fulminanten Finale seiner Darbietung die Themen »Männer, Tiere, Katzenjammer« auf unvorhergesehene Weise miteinander zu verschmelzen. Zwerchfellerschütterungen inklusive.